Im Folgenden nehmen wir an, daß der anthropogene Ausstoß von klimarelevanten Gasen wie Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O) und Methan (CH4) einen meßbaren Einfluss auf das erdoberflächennahe Klima hat. Im wissenschaftlichen Fachdiskurs ist das eine strittige Hypothese. Anhand dieser Hypothese können wir jedoch überprüfen, wie sinnvoll und ernstgemeint die bundesdeutsche Klimapolitik ist. Die von der Umweltministerin Schulze verwendete Phrase „ … klimaverträglich aus der Corona Pandemie…“ deutet an, welch hohen Stellenwert die Klimapolitik für die gegenwärtige Bundesregierung hat.
Im Folgenden gehe ich weiterhin von der Hypothese aus, daß der Anstieg der Kohlendioxid-, Lachgas-, und Methan-Emission in die Luft Ursache des anthropogenen Klimawandels ist. Dabei geht das Bundesumweltministerium (BMU) offenbar davon aus, daß der Anstieg der CO2– Konzentration in der Luft zu knapp 90%, der Anstieg der N2O- und CH4– Konzentrationen zu gut 10%zum anthropogen verursachten Klimawandel beitragen (BMU, 2018, Klimaschutz in Zahlen. Berlin).
Die Frage lautet: Versucht diese Bundesregierung tatsächlich die Konzentration dieser klimarelevanten Gase in der Luft zu reduzieren?
Lachgas und Methan
Die Begrenzung der Lachgas- und Methan-Emissionen ist nicht Ziel der Bundesregierung. Sicher, es gibt eine gewisse Rhetorik bundesdeutscher Politiker, die Preise für Fleisch anzuheben, mit der Begründung, der Fleischkonsum würde die Methanemissionen erhöhen. Zu welchem Nutzen und mit welchem umweltpolitischen Ziel diese Rhetorik von Zeit zu Zeit wiederholt wird, ist unklar. Böden stellen nicht nur eine Quelle von Methan-Emissionen dar, sondern binden auch Methan in erheblichem Maße (Topp und Pattey, 1997). Die Methanbindung im Boden und damit die Entfernung aus der Luft wird von Bodenmikroorganismen geleistet, die bei reduzierter Stickstoff Düngung mehr Methan binden. Ein eher knappes Stickstoff- Düngungsniveau fördert also die Methan-Bindung im Boden. Auch die Lachgas-Emission in die Luft wird durch ein geringeres Stickstoff-Düngungsniveau im Boden reduziert. Dieses wird besonders im ökologischen Landbau realisiert, jedoch mit Einschränkungen. Die Politik der Bundesregierung hat für die Lachgas- und Methan-Emissionen keine politischen Instrumente, die Politik hat noch nicht einmal ein Bewußtsein für die Problematik.
Kohlendioxid (CO2)
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren rigorose Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht, die Verbrennung fossiler Energien zu begrenzen oder sogar einzustellen. Die Anstrengungen wurden damit begründet, daß weltweit in den letzten 200 Jahren die CO2– Konzentrationen in der Luft von rund 0,03 auf rund 0,04 Vol.% angestiegen sind. Mit dieser Politik unterstellt die Bundesregierung, daß die Verbrennung fossiler Energien allein die Ursache der Kohlendioxid- Anreicherung in der Luft ist. Diese in der Bundesumweltpolitik implizit enthaltene Annahme ist falsch. Rund die Hälfte des zusätzlichen CO2 in der Luft stammt aus den Böden (Gerke, 2019, Tumult, Winter, S. 27- 33). Wälder wurden mit zunehmender Besiedlung gerodet, Savannen und Steppen mit hohen Gehalten an organischem C wurden umgebrochen zu Ackerland. Mit der Rodung oder dem Umbruch wird ein großer Teil des organisch gebundenen Kohlenstoffs als CO2 freigesetzt und in die Luft abgegeben. Die Rodungen und der Umbruch sind auch der Grund dafür, daß die CO2– Gehalte der Luft schon seit ca. 1800 ansteigen, also weit vor der massenhaften Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas (Becker, 2019, Tumult, Herbst, S. 11- 19).
Die Kohlenstoff-Mengen im Boden bilden den bei Weitem größten C-Pool, der, je nach Quelle, um den Faktor 2- 8 größer ist als der C-Pool der Atmosphäre und um den Faktor 5-10 größer als das in der Biomasse (Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen) gebundene C.
Wenn aber der C-Pool Boden eine so große quantitative Bedeutung hat und wenn dieser Pool verantwortlich ist für rund 50% der erhöhten CO2– Konzentrationen in der Atmosphäre, so müsste eine Bundesregierung, die Klimapolitik als zentrale Aufgabe versteht, durch energische Maßnahmen die CO2– Emissionen aus den Böden reduzieren, mehr noch, sie müsste politische Maßnahmen ergreifen, den Boden mit organischer Substanz wieder anzureichern.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland umfasst ca. 40% der Gesamtfläche, der größte Anteil davon Ackerfläche.
Es gibt Anbau- und Kulturmethoden, die die C-Gehalte der Böden erhöhen, was wiederum zur Reduktion der CO2-Konzentration in der Luft führt (Gerke, 2019, Tumult, Winter, S.27- 33).
Allein, diese Bundesregierung ist sehr präzise bei den Terminen des Abschaltens von Kohlekraftwerken und bei den Quasi-Verboten des Verbrennungsmotors alles, um die CO2– Emissionen zu senken, jedoch bei der Bindung des C aus der Luft im Boden in organischer Form kommt diese Bundesregierung über Allgemeinphrasen zur zukünftigen möglichen Forschung und der Versicherung, daß dieser Aspekt wichtig ist, nicht hinaus. Mehr noch, die tatsächliche Agrarpolitik fördert die Prozesse der C-Verarmung der Böden statt der C-Anreicherung.
Die beiden wichtigsten Methoden organischen Kohlenstoff im Boden (Humus) anzureichern, sind der Anbau von mehrjährigen Ackerfutterpflanzen wie Klee, Luzerne oder deren Gemenge mit Gräsern und die Aufbringung von Stallmist oder Stallmistkompost. Gefördert werden aber stattdessen eine Tierhaltung, die Gülle statt Stallmist produziert, und ein Ackerbau, in dem Mais auf einem großen Anteil der Ackerfläche zur Erzeugung von Biogas angebaut wird. Gülledüngung trägt kaum oder gar nicht zum Humusaufbau bei, Mais ist eine stark Humus abbauende Kultur, die zudem sehr energieintensiv angebaut wird.
Eine Klimapolitik wie die der Bundesregierung, die nur die Verbrennung fossiler Energien begrenzt, aber die Wechselwirkungen der Atmosphäre mit dem Boden, der Biomasse und dem Wasser nicht berücksichtigt ist einerseits inkompetent und andererseits nicht an der Reduktion der CO2– Konzentration in der Atmosphäre interessiert.
Insofern schützt die Klimapolitik der Bundesregierung nicht das Klima. Dazu wären in Bezug sowohl auf CO2, als auch NH4 sowie N2O gravierende Umsteuerungen in der landwirtschaftlichen (und auch forstwirtschaftlichen) Bewirtschaftung notwendig. Und politische Anreize hin zu einer regionalen Kreislaufwirtschaft im bäuerlichen Betrieb mit strohgebundener Viehhaltung und mehrjährigem Ackerfutterbau sind weder das Ziel der regierenden Parteien noch der Grünen Opposition.
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