Verabschiedet am 27.4. 2017!
Berichterstatterin dieser Entschließung zur Agrarlandkonzentration in der EU ist das SPD Mitglied Maria Noichl, die am Tag der Verabschiedung auch eine Presseerklärung zu diesem Thema veröffentlichte.
Darin betont sie, daß im Jahr 2013 rund 3% der landwirtschaftlichen Betriebe in der EU mehr als 50% der Flächen kontrollierten, dagegen 76% der kleinen Betriebe nur über 11% der Fläche verfügten.
In der Diagnose des EU- Parlaments zur Konzentration von Agrarland in der EU und auch in der Presseerklärung der Berichterstatterin Noichl (SPD) fehlt der wesentliche Grund für die ungleiche Landverteilung.
Während in den westlichen EU-Staaten bis heute eine relativ breite Streuung von Landeigentum existiert (Ausnahme Großbritannien), ist in den meisten osteuropäischen Staaten die Landkonzentration ausgeprägt. Grund dafür ist die in Osteuropa in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts durchgeführte Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und die Vernichtung der freien Bauern, die zu einer ausgeprägten Landkonzentration geführt hat, die auch nach dem Umbruch nach 1990 konserviert wurde ( Gerke, Ostdeutsche-Bodenpolitik.de, Beitrag vom 11.3. 2017).
Ein EU-Parlament, das den zentralen Grund der Landkonzentration, die konzentrierte Zusammenballung landwirtschaftlichen Eigentums in Osteuropa und in Ostdeutschland nicht erwähnt, hätte sich die weitere Analyse des Ist- Zustandes sparen können.
Dabei hätte sich Frau Noichl in ihrer Pressemitteilung zur Verbesserung der Diagnose der Landkonzentration vor allem kritisch mit der Boden- und Agrarpolitik ihrer Parteigenossen Backhaus (SPD-Agrarminister in Mecklenburg-Vorpommern seit 1998) und Vogelsänger (SPD- Agrarminister in Brandenburg) auseinandersetzen müssen. In beiden Bundesländern hat die Agrar- und Bodenpolitik angesichts von anfänglich mehr als 40% landwirtschaftlicher Fläche in öffentlicher Hand mit einer rigorosen Bedienung von Großgrundbesitz dafür gesorgt, daß heute dort landwirtschaftlicher Großgrundbesitz in einem Ausmaß dominierend ist, daß es den bis 1945 existierenden ostelbischen Großgrundbesitz um den Faktor 5-10 übertrifft.
Es ist tief unehrlich, eine Diagnose zum Landgrabbing vorzulegen, ohne die Verantwortlichen für die Landkonzentration zu benennen. In Ostdeutschland sitzen die Verantwortlichen in der SPD (neben der CDU, der Linken und der FDP), einer Partei, die bis heute eine Politik gegen eine breite Eigentumsstreuung landwirtschaftlicher Flächen macht.
Ist schon die Diagnose des EU- Parlamentes defizitär, so sind die in der Entschließung gegebenen Handlungsempfehlungen teilweise bürokratisch oder vom Kern ablenkend.
Die zentrale Frage, um der ausgeprägten Landkonzentration besonders in Ostdeutschland und Osteuropa entgegenzuwirken, ist doch, wie neue Betriebsgründungen von Junglandwirten und Quereinsteigern in die Landwirtschaft möglich ist und wie eine bessere Flächenausstattung kleinerer Betriebe erreicht werden kann.
Die Kernfrage ist: Woher soll das Ackerland für diese Betriebe kommen?
Dieses Land ist nicht mehr verfügbar!
In Ostdeutschland und Osteuropa, dort wo die Großbetriebe vor allem liegen, wurde nach 1990 der umfangreiche Pool des staatlichen Landes dazu genutzt, Großbetriebe, dabei auch die externer Investoren in großem Umfang mit Ackerflächen auszustatten. Vor 12- 15 Jahren hätte man noch zugunsten einer breiten Eigentumsstreuung politisch mit den staatlichen Ackerflächen agieren können, durch den Verkauf und die langfristige Verpachtung der Flächen ist der Zeitpunkt zur Korrektur schon lange verpasst.
Und jetzt behelfen sich diejenigen Agrarpolitiker in der EU, die entweder die Landkonzentration mitgetragen oder sogar zu verantworten haben, mit der Diskussion zu den EU- Agrarbeihilfen. Dabei sollte berücksichtigt werden, daß seit 25 Jahren, also sofort nach der Etablierung des jetzigen Prämiensystems, eine Umverteilung von Agrarbeihilfen diskutiert wird. Jedoch erhalten bis heute die 20% der größten Betriebe in der EU 85% der Agrarbeihilfen.
Die Diagnosen zur Agrarlandkonzentration in der EU durch das Europäische Parlament sind unvollständig und teilweise inkompetent, ebenso wie die vermeintlichen Instrumente durch Korrektur der Konzentration ungeeignet sind.
Einen Gegensatz zwischen den Fraktionen der Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten/Sozialisten gibt es in der Form nicht, wie die SPD- Berichterstatterin Noichl es uns weißmachen will. Alle drei Fraktionen wollen keine Bauern, sondern fördern dort, wo sie die Agrarpolitik bestimmen, die industrielle Landwirtschaft.
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