Nachdem die EU-Kommission den weiteren Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft genehmigt hat, lohnt es sich einen Blick auf die Wirkungen und Nebenwirkungen dieses Totalherbizides zu werfen. Die Diskussion in Deutschland konzentriert sich vor allem um die Tatsache, daß die akute Toxizität von Glyphosat gering ist (Befürworter), und um die Tatsache, daß die WHO 2015 den Wirkstoff als vermutlich krebserregend eingestuft hat.
Glyphosat (Gly) wird weltweit mit 700.000- 800.000 t Wirkstoff jährlich eingesetzt, es ist vermutlich damit der mit Abstand verbreitetste Pestizidwirkstoff. Die prognostizierten zukünftigen Verbrauchszahlen lassen einen Anstieg auf weit über eine Million Tonnen jährlich an Glyphosat erwarten. Der Wirkstoff wirkt als Totalherbizid (nach Anwendung sterben alle Pflanzen ab, außer gentechnisch veränderten Pflanzen mit Resistenz-Genen und Unkräuter, die durch häufige Anwendung eine Resistenz gegen Gly entwickelt haben) und ist nach Ablauf des Patentes preiswert.
Gly ist für eine agrarindustrielle Wirtschaftsweise unverzichtbar, und zwar aus zwei Gründen:
Gly ist unverzichtbar für die Großflächenlandwirtschaft mit reduzierter Bodenbearbeitung. Es ersetzt teilweise die für die Unkrautbekämpfung in traditionellen Bodennutzungssystemen verwendete Stoppelbearbeitung.
Ein Glyphosat-Verbot in der EU hätte weltweit den Anbau gentechnisch veränderter Kulturpflanzen diskreditiert, weil die meisten heute gentechnisch veränderten Genotypen ein gentechnisch eingefügtes Gly-Resistenzgen aufweisen.
Tatsächlich gibt es aber gute Gründe, den Gly Einsatz, insbesondere auf diesem hohen Verbrauchsniveau, in Frage zu stellen.
Seit 1990 steigt der Verbrauch exponentiell an, und beträgt heute gegenüber 1990 das Fünffache.
Glyphosat wurde ursprünglich 1964 als starker Komplexbildner für Metalle, z.B. zum Entkalken zugelassen. Gly bindet mit hoher Intensität mehrwertige Metalle und bringt diese damit in Lösung. Entsprechend kann eine Gly-Gabe im Boden die Pflanzenverfügbarkeit von Eisen reduzieren (Cakmak et al., 2009). Denkbar erscheint auch, daß durch Gly-Gaben im Boden toxische Schwermetalle gelöst werden und in das Grundwasser/Trinkwasser eingetragen werden. Dies kann möglicherweise der Grund dafür sein, daß Gly Nierenschäden verursachen kann (van Bruggen et al., 2018).
Glyphosat wirkt auch toxisch auf eine Reihe von Bakterien. Milchsäurebakterien sind sehr empfindlich, da diese aber Antagonisten beispielsweise von Erreger des Botulismus, Clostridium botulinum sind, wird die Förderung des Botulismus durch Gly vermutet (van Bruggen et al., 2018).
Und schließlich scheint Gly selbst die Antibiotikaresistenz von Bakterien zu fördern, also die Vermehrung von resistenten Keimen zu beschleunigen.
Angesichts dieser weitreichenden möglichen Konsequenzen hätte die EU die Glyphosatausbringung in der Landwirtschaft stoppen müssen.
Literatur:
Cakmak et al., 2009, Eur. J. Agron., 31, 114- 119.
Van Bruggen et al., 2018, Sci. Tot. Environ., 616/17, 255- 268.
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